Prof. Dr. Thomas Heberer. Universität Duisburg-Essen

Die Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft (GDCF) wurde 1973 auf Bundesebene gegründet. Gründung, Zielsetzung und Arbeitsweise waren damals erheblich beeinflusst von linken „maoistischen“ Gruppierungen, die in China ihr Ideal und das Gegenbild zur „kapitalistischen Gesellschaft“ in Deutschland sahen. Sie wollten die Gesellschaft zur Verbreitung ihrer programmatischen Ideen nutzen. Mit dem Ende der Kulturrevolution und den Wirtschaftsreformen in China verließ ein großer Teil dieses Klientels allmählich die GDCF.

In den 80er Jahren entfaltete die GDCF-Bundesvereinigung eine große Vielfalt an Initiativen in Form von Ausstellungen, Kulturdarbietungen, Unterstützungsmaßnahmen bei Naturkatastrophen, Förderung sozialer Einrichtungen in China und von deutsch-chinesischen Städtepartnerschaften oder bei Begegnungen auf der nicht-staatlichen Ebene. Die China-Tournee der Kölner Rockgruppe BAP, Begegnungen zwischen Künstlern, die Organisation von Reisen hochrangiger Politiker, Wissenschaftler und Schriftsteller nach China bzw. Deutschland kennzeichneten Meilensteine der GDCF-Entwicklung. Der Erfolg der Arbeit wurde u.a. dadurch gekrönt, dass der Botschafter a.D. Dr. Erwin Wickert als Beiratsvorsitzender fungierte und Personen des öffentlichen Lebens wie Dr. Peter Scholl-Latour, die 2006 verstorbene Carola Stern oder Jockel Fuchs sich im Beirat engagierten. Die Wertschätzung in China schlug sich u.a. darin nieder, dass der damalige Bundesvorsitzende der GDCF (der Verfasser dieses Beitrags) 1986 vom Generalsekretär der KP Chinas, Hu Yaobang, empfangen wurde. Die Tätigkeit der Bundesvereinigung wurde wesentlich getragen von den über 30 Ortsvereinen. Die GDCF Krefeld gehörte dabei stets zu den aktivsten, was vor allem das Verdienst der Gründerin und Vorsitzenden Traute Nieter ist, die auch eine Zeitlang Mitglied des Bundesvorstandes war. Die Entwicklung im Jahre 1989 wirkte sich auf die GDCF nachhaltig negativ aus. Der Bundesverband zerbrach, weil er einerseits finanziell in die Krise geriet, andererseits die Mitglieder sich über die weiteren Aufgaben der GDCF nicht einig waren. Übrig blieb eine kleine Zahl von Ortsverbänden, die lokal zum Teil bewundernswerte Aktivitäten geleistet haben (allen voran die Krefelder GDCF).

Heute bedarf es keines einzelnen Vereins mehr, der Kontakte nach China vermittelt, dazu ist China zu offen geworden, zu vielfältig. Gleichwohl sind drei wichtige Aufgabenfelder geblieben:

1. die Aufgabe, zur wechselseitigen Verständigung beizutragen und – in diesem Zusammenhang – die Vermittlung eines realitätsnahen Chinabildes;

2. auf der lokalen Ebene bürgernah die Entwicklung von Kontakten aller Art zu China und Informationen über China zu vermitteln;

3. Chinesen mit Menschen in Städten in Kontakt zu bringen und ihr Bild über Deutschland zu differenzieren.

Bedarf es in einer Zeit, in der so viel mehr Informationen über China zu uns gelangen als in den 70er und 80er Jahren, noch der Arbeit von Verständigung und Mitprägung des öffentlichen Chinabildes? Die eindeutige Antwort lautet: „Ja!“

Wenn wir uns die Geschichte des deutschen Chinabildes anschauen, so lässt sich feststellen, dass es stets zwischen den beiden Polen Idealisierung und Verteufelung geschwankt hat. An diesem Dualismus hat sich bis heute wenig geändert. In den Medien und in vielen Büchern wird China entweder überschätzt, indem Shanghai als Beispiel für die Seinsweise Chinas genommen, aber zugleich vergessen wird, dass große Teile Chinas sich noch im Stadium eines Entwicklungslandes befinden; oder es wird unterschätzt, indem behauptet wird, es hätten sich zwar ökonomische Veränderungen vollzogen, nicht aber politische. Was das Letztere anbelangt, so ist richtig, dass es keinen politischen Systemwechsel gegeben hat; aber der Wandel von einer Plan- zu einer Marktwirtschaft, der Aufbau eines Rechtssystems, die gesellschaftliche Differenzierung, die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen und die verschiedenen Verwaltungsreformen müssen auch als Ausdruck politischen Wandels begriffen werden. Aber auch in der internationalen Politik ist China berechenbarer und kooperativer geworden.

Die Öffnung Chinas, seine zunehmende Bereitschaft zur Mitgestaltung von Weltinnenpolitik und zur Einbindung in internationale Gesprächsrunden lässt darauf schließen, dass es ein immer offener werdender Gesprächspartner werden wird.

All das verdeutlicht, dass die drei genannten Aufgaben der GDCF weiterhin enorm wichtig bleiben. Von daher ist die GDCF-Arbeit – um Mao zu zitieren – kein „Deckchensticken“, sondern eine tagtägliche Aufgabe zum Abbau von Feindbildern und Vorurteilen in den Köpfen von Menschen. Ich wünsche der GDCF Krefeld in diesem Sinne für die weitere Arbeit und die Zukunft alles Gute!