Auszug aus der Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der GDCF Krefeld
Zur Gründung, Entwicklung und Perspektiven der Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft Krefeld (GDCF-KR e.V.) nahm Vorsitzende Traute Nieter im Gespräch mit Jörg Basfeld Stellung:
Vor zwei Jahrzehnten haben Sie die Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft Krefeld gegründet. Welcher Gedanke, welche Intention stand dahinter – und wer stand damals an Ihrer Seite? Denn im Alleingang werden Sie das „Projekt GDCF-KR e.V.“ ja wohl nicht angegangen haben.
Seit meiner Studienzeit (Politikwissenschaften und Regionalwissenschaft China) bin ich mit Themen der Politik, der Religion und der Kunst befasst. Vor diesem Interessenhintergrund war mein erster sechswöchiger China-Aufenthalt in Taiwan eine faszinierende neue Erfahrung.
Dreimal in der Woche besuchte ich das Palastmuseum in Taipeh zu Vorlesungen über chinesische Kunst, wie sie dort mit dem Staatsschatz des kaiserlichen China präsentiert wurde. Fragen der Politik waren schon in diesem Zusammenhang so unumgänglich wie die der verschiedenen Religionen und des im Alltag so selbstverständlich praktizierten Volksglaubens.
Weitere Reisen ließen mich die VR China „erfahren“. Der Freundeskreis unserer Familie war höchst interessiert, mehr über das Land zu lernen.
Also gründeten wir auf Empfehlung unserer Tochter Ulrike Nieter, die das damals als Orchideenfach geltende Fach Sinologie studierte, einen Ortsverband der GDCF, wie sie das gemeinsam mit dem gerade aus China heimgekehrten Botschafter Dr. Erwin Wickert in Bonn praktiziert hatte.
Sieben Gründungsmitglieder konnten gefunden werden: Helma Seidel, Miteigentümerin des gleichnamigen Spielwaren- und Porzellangeschäfts in Krefeld; Brita Busch, Leiterin des BUSCH-Collegs; Maria Otto, Lehrerin; Traute Nieter, Lektorin; Horst-Eberhard Wessel, Verlagsleiter Busch-du Fallois, Krefeld; Hans-Ulrich Nieter, Verlagskaufmann, selbstständig; Gustav-Adolf Wolter, Direktor des Gymnasiums am Moltkeplatz und Autor bedeutender Bücher zur Geschichte Chinas. Das war ein starkes Team, zielgerichtet kooperativ, von Neugier, Interesse und Lust an der neuen GDCF-Arbeit getragen.
Im Laufe der nachfolgenden vielen Jahre sind immer wieder die Vorstandsmitglieder hochmotiviert mit der unendlichen China-Kulturarbeit befasst gewesen. Herzliche, sogar sehr private Freundschaften haben sich in dem GDCF-Gefüge entwickelt, auch zwischen Menschen unserer beiden Länder, China und Deutschland. Das Netzwerk ist getragen von Respekt und Anerkenung, von Freude an der kulturellen wechselseitigen Bereicherung, von dem Willen, von einander zu lernen.
Kommen wir zur Niederschlagung der Studentenrevolte 1989 auf dem Tiananmen-Platz dem „Platz des himmlichen Friedens“ in Peking. Sie war nicht zuletzt auch für Sie ein Schock, wie in der Jubiläumsbroschüre zum Zehnjährigen nachzulesen. Wie stark hat er Ihr Wirken, das Gebäude GDCF-KR erschüttert – und warum und wie ging es dennoch anschliessend weiter?
Aus einer Vorstandssitzung unmittelbar nach dem TianAn-Men-Desaster im Juni 1989 möchte ich zitieren: „Der Vorstand (Prof. Dr. Giselher Valk, Prof. Dr. Karl-Heinz Brocks, Günther Seidel, Brita Busch und Traute Nieter) beriet in verschiedenen Sitzungen, maßvolles Verhalten der GDCF- KR e.V. auch in ihrem Veranstaltungsangebot zu zeigen.
Sachliche Informationstätigkeit mit Schwerpunkten im Bereich des Kulturellen, das sich auf die Kontaktpflege mit Chinesen in vielfältiger Weise richten soll, ist angesagt.“
Der Krefelder Ortsverein sammelte mit Hilfe der Presse mehr als 500 Unterschriften für eine Eingabe an die chinesische Botschaft, in der Trauer und Bestürzung ausgedrückt wurden, verbunden mit der Bitte, alle Repressalien gegenüber Demonstranten einzustellen. Ein Spendenaufruf verhalf zu einer von der Krefeld-Vorster action medeor durchgeführten zentnerschweren Medikamentenspende. Sie wurde über schwierige Pfade nach Peking für die Massaker-Opfer weiter geleitet. In zahlreichen weiteren Hilfsaktionen trat die GDCF-KR e.V. als Mittlerin auf.
1990 beschloß der damalige Vorstand die absolut noch neue Einrichtung einer Schulpartnerschaft mit der XueJun-Schule in Hangzhou – inzwischen zum Modell herangereift und nach wie vor in voller Aktion.
Welche entscheidenden Akzente hat die Krefelder Gesellschaft seither gesetzt, worauf sind Sie vielleicht auch ein bisschen stolz?
Stolz ist m.E. nicht die Eigenschaft, mit der ich die GDCF-Arbeit bezeichnen würde. Es ist eher Freude am Gelingen von Projekten, die nicht gerade klein waren/sind und die ebenfalls erfreuende Wahrnehmung sinnvoller ehrenamtlicher Tätigkeit so vieler Menschen in Krefeld, über unsere Stadt hinaus und auch in China. Beispiele der gesetzten Akzente sind das Schulpartnerschaftsmodell und viele hundert Veranstaltungen mit verschiedenen Partnern.
Was haben Sie sich für die GDCF noch vorgenommen, welche konkreten Ziele bleiben gesteckt? Könnte es sein, dass diese Ziele in absehbarer Zeit erreicht werden und die GDCF-KR sich darüber vielleicht sogar selbst überflüssig macht?
Das Generalthema der GDCF-KR wird der kulturellen Annäherung an die traditionsreiche und nun so überraschend fortschrittliche Kultur Chinas sein mit allen Chancen, die sich daraus für die Menschen unserer beiden Länder ergeben.
Soweit diese Themen kommerzialisiert werden, sind sie in die Zuständgkeiten entsprechender Institutionen gegeben. Die GDCF-KR e.V. wird weiterhin ehrenamtlich forschen, vermitteln, kooperieren. Sie wird sich also keinesfalls überflüssig machen – es sei denn, wir wüssten bereits heute alles über das China von morgen. Aber es gibt, wie der Humanist und Publizist Ulrich von Hutten (6. Jahrhundert) schon festhielt, „…immer noch Neues unter der Sonne“.