Das Lied von der Erde

Gustav Mahlers Vertonung chinesischer Gedichte

Vortrag von Prof. Dr. Karl-Heinz Pohl im Glasfoyer des Stadttheaters Krefeld – veranstaltet von der GDCF Krefeld e.V.

Vor etwa 100 Jahren, im November 1911, wurde in München eines der bekanntesten Werke von Gustav Mahler uraufgeführt – das Lied von der Erde.

Dieses Lied ist eine Nachdichtung klassischer chinesischer Verse. Seine Entwicklung über mehrere Stufen – von den Ursprüngen bis zur sinfonischen Vertonung durch Gustav Mahler – ist Thema eines Vortrags gewesen, den der Sinologe Prof. Dr. Karl-Heinz Pohl (von der Universität Trier) am Dienstag, den 27. November 2012 vor sehr interessierten Zuhörern im Krefelder Stadttheater gehalten hat. 

“Das Lied von der Erde” ist ein sechsteiliger Liederzyklus, der von unterschiedlichen chinesischen Dichtern verfasst wurde, zum größten Teil jedoch aus der Feder von Li Tai Po (701 – 762) stammen soll.

Europa begann sich für chinesische Lyrik zu interessieren, als es um 1860 erste Fassungen in Französisch gab. “Das Lied von der Erde” übersetzte Marquis d’Hervey de Saint-Denyse, dessen Fassung Hans Bethge schließlich als Vorlage seiner Nachdichtung in Deutsch diente. Aus Bethges so enstandener Gedichtsammlung dieser ursprünglich altchinesisichen Lyrik setzte Gustav Mahler einige Gedichte als Symphoniekantate um.

Prof. Pohl verdeutlichte die große Diskrepanz zwischen Original und dem von Mahler vertonten Text. Die chinesischen Texte weisen u.a. knappe Texte, Strophen mit regelmäßiger Form und mit Endreim, Musikalität, wenig Gefühlsausdruck und keinem Ich-Erzähler auf. Dem stehen bei Bethge Überladenheit, Formlosigkeit, Pathos und ein Ich gegenüber. Pohl begründete dieses gänzlich andere Erscheinungsbild damit, dass jede Zeit den Zeugnissen der Kunst ihren eigenen Stempel aufdrücken würde/müsste. Der Mantel also ändert sich, doch was er bedeckt, bleibt gleich – dies war der wichtigste Gedanke dieses Vortrags. Prof. Pohl spürte der Faszination nach, die Gustav Mahler von der Nachdichtung empfunden haben muss und die ihn zu seiner wunderbaren Tonfassung anregte. So konnte der Vortrag zum besseren Verständnis nicht nur des Musikwerks des berühmten Komponisten Mahler, sondern auch der Rezeption chinesischer Lyrik beitragen.

Die Autorin dieses Berichtes ist Brigitte Plehn, Mitglied der GDCF Krefeld e.V..